Konflikttraining

«chili» im Schulzimmer

Ausgabe 3 / 2022
Mit dem Konflikttraining «chili» engagiert sich das Rote Kreuz seit 1999 in Schweizer Schulzimmern. Worum es dabei geht und was sich seither verändert hat, erfahren Sie in diesem Beitrag von Rotkreuz-Autorin Anita Ruchti.
Spielerisches Konflikttraining im Schulzimmer

«Heute bin ich eine Schildkröte», erklärt meine siebenjährige Tochter. Mit diesen Worten gibt sie nach einem Streit den strittigen Gegenstand ihrer Schwester und wendet sich einem anderen Spiel zu. Schildkröte? Was hat es damit auf sich? In ihrer Schule fand kürzlich ein «chili»-Training statt. Von Gabriela Moser, erfahrene «chili»-Fachperson, erfahre ich den Hintergrund: Die Schildkröte ist ein Symbol für eine Art, wie man sich in einem Streit verhalten kann. Sie steht für «aus dem Weg gehen, fliehen».

Nicht alle streiten gleich

Vom Kindergarten bis zur Oberstufe gibt es von «chili» einen umfassenden Ordner mit verschiedenen Modulen, Hilfsmitteln und Spielen. Für die Unterstufe sind die Arbeitsblätter zum Thema Streit mit verschiedenen Tieren aufbereitet. «Nicht alle streiten gleich», erklärt Gabriela Moser. Es ist personen-, aber auch situationsabhängig. Manchmal ist man eben mehr Schildkröte, ein andermal wie ein Haifisch (kämpfen) oder man passt sich an (Teddybär). Das Ziel ist, dass die Konfliktparteien in die Verhandlung (Fuchs) kommen – und es einen Kompromiss gibt oder sogar ein Konsens entsteht.

Es geht bei «chili» aber nicht nur um die Lösung im Konfliktfall, sondern um Prävention, ums Sprechen und Zuhören und darum, gemeinsam Lösungen zu finden. Es geht um ein «Wir-Gefühl» und um Themen wie Freundlichkeit, Wertschätzung, Akzeptanz oder Empathie. «80 Prozent ist Prävention, 20 Prozent Intervention», fasst Gabriela Moser zusammen. Eine Übung von «chili» ist beispielsweise, die Kinder gegenseitig ihre Beobachtungen erzählen zu lassen. Wer hat was beobachtet? Haben andere etwas gesehen, das ich nicht gesehen habe? Was ist überhaupt ein Streit?

Die "chili"-Fachperson bringt neue Kompetenzen ins Schulzimmer
Es ist nicht das Ziel, keinen Streit zu haben, sondern Strategien und Wege zu lernen, die Sicherheit und Vertrauen geben, Probleme selber lösen zu können.
Irena Zweifel, «chili»-Fachperson

Streiten lernen

«chili» entstand aus einer Diplomarbeit von drei Studierenden im Jahr 1999. Eine davon ist Irena Zweifel (Bild oben), die auch heute noch als «chili»-Fachperson arbeitet. «Damals stand ein gewaltfreier Pausenplatz im Fokus. Die Erkenntnis, dass es auch aggressive Energien gibt, die ausgelebt werden müssen und Raum brauchen, kam später dazu. Dies soll jedoch auf konstruktive Weise geschehen.» Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) entwickelte aus der damaligen Arbeit umfassende Konflikttrainingsprogramme. Die Schulen können das Konzept verschieden nutzen: «chili» kommt mit seinen Fachpersonen in die Schule oder die Lehrpersonen besuchen eine «chili»-Weiterbildung und setzen das Programm in der Schule um. Idealerweise ist die ganze Schule involviert und arbeitet mit. Damit kann eine gemeinsame Haltung, eine «Wir-Kultur» entwickelt werden, die auch bei der Zusammenarbeit mit den Eltern von allen geschätzt wird. «Der Einfluss der Eltern ins Unterrichtsgeschehen ist viel grösser geworden. Lehrpersonen stehen heute viel mehr unter Druck», sagt Irena Zweifel. Auch die sozialen Medien sind ab der vierten Klasse Teil des Programms geworden.

Was konkret kann «chili» bei Kindern und Jugendlichen bewirken? «Es nimmt die Angst vor einem Streit. Es ist nicht das Ziel, keinen Streit zu haben, sondern Strategien und Wege zu lernen, die Sicherheit und Vertrauen geben, Probleme selber lösen zu können.»

Sind Sie an einem «chili»-Training interessiert?

Erfahren Sie online mehr über unser Angebot oder kontaktieren Sie uns per E-Mail an bildungszentrum@srk-zuerich.ch. Gerne beraten wir Sie für ein massgeschneidertes «chili»-Training.