Pflegehelfende SRK

Ein Lehrgang wird 65

Ausgabe 2 / 2023
Der Lehrgang Pflegehelfende SRK feiert dieses Jahr sein 65-Jahr-Jubiläum. Seit der Gründung hat sich einiges verändert. Im Gespräch erzählen zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen von ihren Erfahrungen.
Unterricht Pflegehelfer/-in SRK

65 Jahre und über 100'000 Teilnehmende – der Lehrgang Pflegehelfende SRK ist eine Erfolgsgeschichte. Gegründet wurde der Lehrgang im Jahr 1958. Es war eine von mehreren Massnahmen, um den damaligen Pflegenotstand zu bekämpfen. Die Pflegehelferinnen sollten die gelernten damaligen Krankenschwestern (heute: Pflegefachpersonen) entlasten, indem sie hauswirtschaftliche Aufgaben übernahmen. Im März 1958 besuchten die ersten zehn Frauen den Lehrgang, der als Pilotprojekt vom Zentralsekretariat des SRK in Bern durchgeführt wurde. In den folgenden Jahren führten Basel, bald auch das Tessin und die Westschweiz die Kurse ein. Zu Beginn war der Kurs ganz in Frauenhand. Erst im Jahr 1973 wurden auch männliche Teilnehmer zugelassen, anfangs jedoch ausschliesslich für die Pflege von Männern. Doch auch heute sind die Frauen mit knapp 90 Prozent aller Teilnehmenden in der Überzahl.

Eine, die aus eigener Erfahrung spricht, ist Rita Eisenbart. Die 68-Jährige hat den Lehrgang im Jahr 2002 absolviert. Sie besuchte den Unterricht in Zürich und Thalwil. Die Zeit ist ihr lebhaft in Erinnerung geblieben: «Der Austausch mit den anderen Kursteilnehmenden war sehr bereichernd», erinnert sie sich. Denn die Frauen kamen alle aus einem unterschiedlichen Arbeitsumfeld. Manche arbeiteten in einem Spital, andere in einem Pflegeheim und manche wie sie in der Spitex. 

«Zu erfahren, wo die Herausforderungen der anderen angehenden Pflegehelferinnen liegen, war interessant.» 
Rita Eisenbarth, Pflegehelferin SRK

Berufs-Wiedereinstieg für Hausfrauen

Ursprünglich hatte Rita Eisenbart technische Zeichnerin gelernt, den Kindern wegen jedoch den Beruf an den Nagel gehängt. «Mit 40 Jahren habe ich gedacht, ich muss noch mal etwas Neues wagen», begründet sie schmunzelnd ihren Entscheid, den Lehrgang zu besuchen. «Als Quereinsteigerin habe ich zu Beginn natürlich ab und an schon gezweifelt, ob es das Richtige ist», erinnert sie sich. Dies, obwohl sie damals bereits seit mehreren Jahren für den Haus- und Krankenpflegeverein Oberrieden ZH (heute Spitex Horgen-Oberrieden) tätig war. «Als mein jüngster Sohn in die Schule kam, fragte mich eine Bekannte, ob ich nicht stundenweise aushelfen möchte. Rita Eisenbart sagte zu – und blieb der Spitex 29 Jahre lang treu. «Es war eine gute und erfüllende Zeit», sagt sie rückblickend. «Es war schön, für die Menschen da zu sein, sie zu unterstützen, damit sie möglichst lange zu Hause wohnen konnten», antwortet sie auf die Frage, was ihr an ihrer Tätigkeit besonders gefallen hat.

Der Lehrgang im Wandel

Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Pflege verändert, auch der SRK-Lehrgang hat sich stets gewandelt, um inhaltlich immer auf die aktuellen Pflegemethoden und -konzepte abgestimmt zu sein. Über die Jahre fanden immer wieder Reformen statt. So hat sich zum Beispiel auch die Namensgebung von «Kurs für Rotkreuz-Spitalhelferinnen» (1960er-Jahre) zu «Pflegehelferin» (1981) geändert. Dies, weil der Einsatzbereich der Kursabsolventinnen immer breiter wurde. So reicht er heute vom Einsatz in Spitälern und über Alters- und Pflegezentren bis hin zum Einsatz in Spitex-Organisationen.

Eine wichtige Anpassung fand in den 1990er-Jahren statt, als der Theorie- und der Praxisteil ausgebaut wurden. Mit dieser Anpassung konnten die Pflegehelfenden nicht mehr nur als «Hilfspersonal» gesehen wer - den, die die «Krankenschwestern» unterstützten, sondern galten nun als aktive Komponente des Gesundheitssystems. Heute richtet sich der Lehrgang an Personen, die einen beruflichen Einstieg in den Pflegebereich planen, die wieder in das Berufsleben einsteigen oder sich auf die Pflege von Angehörigen vorbereiten möchten. Zu ihren Aufgaben gehört es, die betreuten Personen bei Aktivitäten des täglichen Lebens wie auch in der Alltagsgestaltung zu unterstützen.

Vorbereitung auf die Lehre

Ana Güzel ist angehende Pflegehelferin SRK. Die 16-Jährige hat nach der obligatorischen Schulzeit keine Anschlusslösung gefunden und besucht seit letztem Herbst das Praktikum Gesundheit und Soziales (PGS) des Zürcher Roten Kreuzes. Das Berufsvorbereitungsjahr setzt sich aus Praktikum (80%) sowie Bildung und Coaching (20%) zusammen und verfolgt das primäre Ziel einer Berufsintegration in eine Berufslehre im Gesundheitswesen. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Absolvierenden zudem das Zertifikat Pflegehelfer/-in SRK. Der Unterricht im SRK-Bildungszentrum in Winterthur gefällt der 16-jährigen Ana. «Meine beiden Coaches, Barbara und Heike, unterstützen mich sehr», sagt sie. Im Sommer beginnt die junge Frau eine Lehre zur Fachfrau Gesundheit (FaGe). Sie ist überzeugt, dass sie mit dem bereits Erlernten optimal auf den Start in die Lehre vorbereitet ist.

«Ich konnte mir hier ein gutes Basiswissen aneignen»
Ana Güzel, angehende Pflegehelferin SRK

Ihr Praktikum absolviert Ana in einem Alterszentrum in Dübendorf. Dort arbeitet sie in einer Wohngruppe. Dass sie offen und selbstbewusst auf die Bewohnerinnen und Bewohner zugehen kann, war vor nicht allzu langer Zeit unvorstellbar für Ana. «Ich war sehr schüchtern, bevor ich zum PGS gekommen bin», erinnert sie sich. Sie hat sich kaum zu sprechen getraut, schon gar nicht mit fremden Menschen. «Doch diese Klasse hat etwas verändert in mir», beschreibt sie ihre Zeit im PGS. «Ich habe durch das PGS so viel Selbstvertrauen gewonnen. Das macht mich unglaublich glücklich», sagt Ana. «Es hat mir viel Lebensqualität geschenkt.» Über die Jahrzehnte hat der Lehrgang Pflegehelfende SRK nichts von seiner Beliebtheit verloren. Ganz im Gegenteil: Jährlich bildet das Rote Kreuz gesamtschweizerisch rund 4500 Pflegehelfende aus. Damit kann das Rote Kreuz den Bedarf des Arbeitsmarktes an Pflegehelfenden SRK weitgehend decken.

Nicht nur der Lehrgang selbst, sondern auch die Teilnehmenden haben sich über die Jahre hinweg verändert: Waren es in den ersten Jahrzehnten vor allem Hausfrauen aus der Mittelschicht, die den Lehrgang nutzten, um wieder in die Berufswelt einzusteigen, entwickelte sich die Zusammensetzung der Teilnehmenden in den letzten Jahren diverser und widerspiegelt die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft. Für diese Veränderungen stehen stellvertretend Rita Eisenbart und Ana Güzel: zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, mit unterschiedlichen Lebensläufen. Doch eines eint die beiden Frauen: die Leidenschaft für den Pflegeberuf und dass beide – in Anas Fall bald – ausgebildete Pflegehelferinnen SRK sind. Während Ana Güzel sich auf den Beginn ihrer Karriere freut, besitzt Rita Eisenbart knapp dreissig Jahre Erfahrung als Pflegehelferin in der Spitex. Was rät die erfahrene Berufsfrau jüngeren Menschen, die in den Beruf einsteigen möchten? «Es braucht viel Durchhaltevermögen», sagt Rita Eisenbart. Und fügt an: «Ich bin der Meinung, dass junge Menschen ihre eigenen Erfahrungen sammeln und ihren eigenen Weg gehen sollen.» Für Ana geht mit dem Einstieg in den Pflegeberuf ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. «Anderen Menschen zu helfen, ist das Schönste für mich», sagt sie, «es erfüllt mich.»