Jolanda Burkhard ist eine achtsame Beobachterin, ihr Lachen ist ansteckend: «Ich betrachte meine Freiwilligentätigkeit nicht als Arbeit, es ist aber auch kein Hobby. Ich helfe aus Begeisterung und weil ich privilegiert bin, dies tun zu können. Es ist für mich jedes Mal eine grosse Freude, in der «Villa Vita» zu sein.»
Jeden Montagmorgen betritt Jolanda Burkhard das charmante alte Haus an der Kronenstrasse in Zürich, wo die «Villa Vita» in ruhiger Umgebung wöchentlich etwa 90 Klienten empfängt. Die «Villa Vita» bietet Hilfe, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Aktivitäten, die den psychisch kranken Klientinnen und Klienten eine regelmässige Struktur in ihrem täglichen Leben bietet. Jolanda Burkhard erklärt: «Gemeinsam realisieren wir kleine kreative Projekte, zum Beispiel gestalten wir Karten oder basteln mit verschiedenen Materialien. Die Kombination von unter Freunden zu sein und etwas Kreatives zu tun, ist eine wunderbare Ablenkung von den täglichen Problemen der Klienten.»
Etwas weitergeben
Jolanda Burkhard hat zwei erwachsene Söhne und wohnt mit ihrem Mann in Wädenswil. Die beiden haben zusammen die Welt bereist. «Durch meine Jobs und das Reisen habe ich viele verschiedene Menschen und Kulturen kennengelernt», meint sie. Und fährt fort: «Die meisten von uns leben in guten Verhältnissen, die uns vergessen lassen, dass es Menschen gibt, die weniger Glück haben. Und wir übersehen, dass wir mit viel weniger materiellen Gütern, als wir es hier oft anstreben, ebenso glücklich sein könnten.» Sie überlegt kurz und ergänzt: «Ich finde, wenn jemand ein so gutes Leben hat wie ich, ist es selbstverständlich, etwas davon an Menschen weiterzugeben, die weniger haben.»
Berührende Momente
Was geht Jolanda Burkhard durch den Kopf nach einem Tag in der «Villa Vita»? «Wenn mein Einsatz vorbei ist, spaziere ich der Limmat entlang zum Tram und denke über die kleinen Erfolgsgeschichten und Gespräche des Tages nach.» Es sind diese alltäglichen Erlebnisse, die sie am meisten bewegen: «Jemanden zum Lachen bringen oder bei der Rückkehr aus den Ferien mit Applaus begrüsst zu werden – das sind berührende Momente.»
Die «Villa Vita» bereichert das eigene Leben
Zusammen mit den festangestellten Mitarbeitenden führen elf Freiwillige das Aktivitäten-Programm der «Villa Vita». Einfühlungsvermögen sei ein Muss für die Arbeit hier, und Jolanda Burkhard hebt speziell hervor: «Man muss wissen, wie man unterstützen kann und gleichzeitig die Klienten nicht überfordert. Ich begegne ihnen immer auf Augenhöhe – das ist das A und O.» Jolanda Burkhard lächelt und meint: «Die Klienten geben mir so viel zurück und meine Erfahrungen hier sind eine Bereicherung in meinem Alltag, die ich nicht missen möchte.»
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Kompetenzbasierte Freiwilligenarbeit
Autorin des Beitrags ist Stine Rusbjerg Guldager. Sie hat einen Master in Rhetorik an der Universität Kopenhagen absolviert und arbeitet nun hauptsächlich als Freelancerin im Bereich strategische und visuelle Kommunikation. Seit 2015 unterstützt sie als Freiwillige den Bereich Marketing und Kommunikation des SRK Kanton Zürich.
Ihr Freiwilligenengagement läuft unter dem Fachbegriff «Kompetenzbasierte Freiwilligenarbeit», d. h. sie ist in Einsätzen fürs SRK Kanton Zürich tätig, die direkt mit ihren beruflichen und fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen zusammenhängen. Diese Art der Freiwilligenarbeit wird seit ein paar Jahren verstärkt nachgefragt. Das SRK Kanton Zürich berücksichtigt dies bei der Ausgestaltung neuer Freiwilligentätigkeiten.