Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht ging in Europa am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg zu Ende. Weltweit hatten die kriegerischen Auseinandersetzungen knapp 60 Millionen Menschenleben gefordert und weite Landstriche in Trümmerlandschaften verwandelt. Doch das Ende des Krieges war nicht das Ende von Not und Leid: Über viele Monate hinweg zogen Kolonnen aus invaliden Soldaten, ausgebombten Zivilisten, ausgebeuteten Zwangsarbeitern sowie traumatisierten Verfolgten quer durch Europa. Wegen der zerstörten Verkehrsinfrastruktur mussten die Flüchtlinge die beschwerlichen Wegstrecken zu Fuss zurücklegen. Für gewöhnlich besassen sie nichts weiter als das, was sie an Kleidern am Leib trugen oder an Hab und Gut in Koffern mitführten. Am stärksten unter den kriegsbedingten Verwerfungen litten Kinder und Jugendliche. Die nachwachsende Generation sollte auch in den Friedensjahren zu den verletzlichsten und schutzbedürftigsten Mitgliedern der Zivilgesellschaft gehören.
In der Schweiz
Dagegen war die Lage der Schweiz im Jahr 1945 geradezu rosig. Das neutrale Land blieb von direkten Kriegshandlungen verschont, Industrie und Gewerbe erfreuten sich bald wieder voller Auftragsbücher. Angesichts der grenzenlosen Not sahen sich nationale Hilfsorganisationen in der Pflicht, die reichlich vorhandenen Ressourcen der grenzüberschreitenden Nothilfe zukommen zu lassen. Unter den humanitären Organisationen erbrachte das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und seine Abteilung Kinderhilfe wertvolle Dienste. Für das körperliche und seelische Wohl der Kinder wurden fünf Programme ins Leben gerufen: Patenschaften, Kindertransporte, Milch und Suppenkantinen, Kinderheime und, last but not least, Textilsendungen. In deren Genuss kamen Kinder ungeachtet ihrer nationalen Zugehörigkeit, sozialen Herkunft oder religiösen Orientierung.