Berufseinstieg in die Pflege

Start ins Berufsleben

Ausgabe 4 / 2023
Ardiana und Mohamed fanden dank dem Praktikum Gesundheit und Soziales eine Lehrstelle in der Pflege. Die beiden Lernenden und ihre Lehrerinnen erzählen vom Berufsvorbereitungsjahr.
Schülerinnen im Unterricht bei einer Gruppenarbeit

Das Praktikum Gesundheit und Soziales (PGS) des SRK Kanton Zürich ist ein Berufsvorbereitungsjahr für den Einstieg in einen Pflegeberuf. Es richtet sich an Jugendliche, die nach der obligatorischen Schulbildung keine Lehrstelle gefunden haben. Zum einen absolvieren die Schülerinnen und Schüler ein Praktikum in einem Alters- oder Pflegezentrum und zum anderen werden sie im Bildungszentrum des SRK Kanton Zürich in Winterthur schulisch und persönlich begleitet.

Die PGS-Schulklasse wird von Barbara Imhof und Heike Schwarz betreut. Beide fungieren als Coach und Lehrerin und nehmen diese Rollen abwechslungsweise wahr. «Das Teamteaching ist ein wichtiger Erfolgsfaktor», sagt Heike Schwarz. Während des Unterrichts ist jeweils eine der beiden für den Unterricht zuständig und die andere für die individuelle Betreuung in der Klasse. Zusätzlich erhalten die Jugendlichen auch Einzelcoachings.

Vertrauensvolle Begleitung

«Die gute Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern ist ein weiterer ausschlaggebender Erfolgsfaktor im PGS. Wir haben ein enges Verhältnis zu den Jugendlichen und arbeiten lösungs- und kompetenzorientiert. Immer fokussieren wir uns auf das, was sie gut können, auf ihre Ressourcen, und fördern somit ihre Erfolgserlebnisse und positive Lernerfahrungen », erklärt Heike Schwarz. Barbara Imhof fügt hinzu: «Wir sind mit den Jugendlichen per Du und begegnen ihnen auf Augenhöhe. Dennoch nehmen wir mit einer natürlichen Autorität die Rollen als Coach und Lehrerin wahr. Das bewährt sich sehr gut.»

Ich habe in der Berufsschule Vorteile, die ich sonst nie gehabt hätte.
Ardiana

Ardiana und Mohamed – zwei Jugendliche, die trotz Schwierigkeiten durch diese zielgerichtete Unterstützung ihren Platz in der Arbeitswelt gefunden haben – erzählen, weshalb das PGS ihnen die Tür in den Pflegeberuf geöffnet hat. «Ich fühle mich nun sehr gut vorbereitet auf die Lehre», berichtet Ardiana strahlend (Bild oben links). Die 16-Jährige absolvierte ihr Praktikum im Pflegezentrum Forch der Zollinger Stiftung.

Schon in der Oberstufe wusste Ardiana, dass sie Fachfrau Gesundheit (FaGe) werden möchte. Sie bewarb sich auf zahlreiche Lehrstellen, erhielt jedoch nur Absagen. «Ich war in der Sekundarstufe B und meine Noten waren nicht gut. Ich denke, das war der Grund für die Absagen», erzählt die Jugendliche. Als sie sich vor über einem Jahr bei der Zollinger Stiftung bewarb, erhielt sie ein vielversprechendes Angebot. Die Bildungsverantwortlichen sahen das Potenzial in der jungen Frau, erkannten aber, dass die Schulleistung für die Berufslehre ein Problem darstellen könnte. Die Stiftung empfahl ihr deshalb das PGS und bot ihr an, das dazugehörige Praktikum bei ihnen zu absolvieren. Bei erfolgreichem Abschluss könne sie anschliessend die Lehre als FaGe bei ihnen antreten.

«Ich bin so froh darüber, dass ich das PGS kennenlernen durfte. Ich habe hier schon viel über die Pflege gelernt und habe in der Berufsschule Vorteile, die ich ohne dieses Angebot nie gehabt hätte», sagt die Schülerin. Ardiana berichtet über ihren Praxiseinsatz im Pflegezentrum. Ihr Verantwortungsbewusstsein ist sofort spürbar. «Es gibt viel zu beachten bei der Arbeit mit älteren Personen. Ich verbringe aber sehr gern Zeit mit ihnen.» Sie erzählt, dass sie die Abwechslung am Beruf sehr schätzt und wie viel Spass ihr die verschiedenen Aktivitäten mit den Bewohnenden machen. «Wenn ich in einer Situation nicht weiss, wie ich mit einer dementen Bewohnerin umgehen soll, hole ich jemanden aus dem Team zu Hilfe oder frage dann in der Schule bei den Lehrerinnen nach. Unterstützung erhalte ich auf jeden Fall immer.»

Praxisübungen im PGS-Unterricht

«Durch das PGS habe ich es geschafft, mein Ziel zu erreichen», bestätigt auch Mohamed (Bild oben links). Er erzählt, dass er während der Oberstufe eine Lehrstelle als FaGe gesucht hatte. Zwar hatte ihm seine damalige Lehrperson geraten, lieber eine Lehrstelle als Assistent Gesundheit und Soziales (AGS), eine zweijährige Lehre mit Berufsattest, zu suchen, doch Mohamed erklärt: «Ich wollte unbedingt eine Lehre als FaGe machen. Ich war mir immer sicher, dass ich das schaffen kann.» Da der Jugendliche aber Legastheniker ist, wurde ihm eine solche Ausbildung nicht zugetraut. «Auch die Absagen zeigten dies. Alle sagten mir, ich kann mit Legasthenie keine Lehre als FaGe machen.» Der sehr selbstbewusst wirkende Schüler erzählt, dass er damals noch ganz schüchtern war. Er suchte schliesslich doch eine AGS-Lehrstelle. Dies stellte sich aber auch als schwierig heraus, da beinahe keine Lehrstellen mehr offen waren. Es musste also eine andere Lösung her. Seine Lehrperson empfahl ihm schliesslich das PGS vom Zürcher Roten Kreuz. 

Dank dem Vorbereitungsjahr habe ich es geschafft, mein Ziel zu erreichen.
Mohamed

«Ich durfte mein Praktikum bei der Pflegewohngruppe Köschenrüti beginnen», sagt er und berichtet begeistert, wie sehr er den Kontakt mit den Bewohnenden schätzt. «Ich kann so viel von ihnen lernen. Eine Bewohnerin spricht fünf Sprachen und erzählt mir viel Interessantes aus ihrem Leben. Ich finde das sehr faszinierend.» Mohamed zeigte im Köschenrüti, was in ihm steckt, und die Klassenverantwortliche Barbara Imhof setzte sich für den Schüler ein. Das Ergebnis: eine Lehrstelle als FaGe in den Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich. «Ich würde das PGS allen, die in einer Situation wie ich sind, weiterempfehlen. Es ist super!», strahlt Mohamed. Mit dem weiterführenden Angebot der Lehrbegleitung SRK unterstützt das Zürcher Rote Kreuz die Jugendlichen zudem auch während der Lehre, sodass sie ihre Lehre erfolgreich abschliessen können.

Alle 18 teilnehmenden Jugendlichen beendeten das PGS-Schuljahr 2022/2023 diesen Sommer mit einer Anschlusslösung und haben unterdessen mit ihrer Berufsausbildung begonnen. Das PGS bietet Jugendlichen, die es nicht einfach im Leben haben, eine Perspektive für ihre berufliche Zukunft. Gleichzeitig entlastet es das Gesundheitssystem, da es nachhaltig ausgebildete Fachkräfte fördert – ein Gewinn für alle Beteiligten.