Berufseinstieg

Eine Lehre im richtigen Beruf

Ausgabe 4 / 2018
Jungen Menschen eine Chance für den Berufseinstieg und das Kennenlernen der eigenen Fähigkeiten ermöglichen – auch das ist das Rote Kreuz Zürich. Ein Beispiel dafür ist Jeshin, 18 Jahre alt.
Jeshin sitzt zufrieden vor dem Alters- und Pflegezentrum Haus zum Seewadel in Affoltern am Albis.
Jeshin hat im August seine Lehre im Alters- und Pflegezentrum Haus zum Seewadel in Affoltern am Albis begonnen.

«Ich bin nie gerne in die Schule gegangen », erzählt Jeshin. Seine früheren Lehrer konnten ihn nicht motivieren. Seine Schullaufbahn fasst er so zusammen: «Man muss zu viel herumsitzen. Ich war nicht motiviert und habe nie gelernt.» Entsprechend sahen seine Noten aus, und entsprechend viele Absenzen hatte er. Im letzten Schuljahr waren es 91 unentschuldigte Absenzen.

Mit diesem Schulzeugnis auf normalem Weg eine Lehrstelle zu finden, ist schlicht unmöglich. Dass dieser junge Mann so schulmüde war, kann man sich kaum mehr vorstellen, wenn man dem heute strahlenden und zuversichtlichen Jeshin zuhört, wie er von seiner täglichen Arbeit in der Pflege erzählt.

Unterstützung kam vom Zürcher Roten Kreuz

Im Sommer 2017, nach dem 10. Schuljahr, stand Jeshin ohne Anschlusslösung da. Auf seine Bewerbungen erhielt er nur Absagen. Da erzählte ihm eine Kollegin vom Brückenjahr beim SRK Kanton Zürich. Das regionale Arbeitsvermittlungszentrum ermöglichte ihm schliesslich die Teilnahme am Rotkreuz-Programm CHECK-IN SRK, einem Vorbereitungsjahr für einen Berufseinstieg in die Pflege, den Sozialbereich oder in die Hauswirtschaft. «Die Coaches haben von Anfang an an mich geglaubt», erzählt er. Sie unterstützten ihn bei der Lehrstellensuche und konnten ihm eine Praktikumsstelle vermitteln.

Das war sein Glück: In der täglichen Arbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern konnte er beweisen, wie einfühlsam, zuverlässig und lernfähig er war. Seine Vorgesetzte, Marlies Schmid, war schon nach kurzer Zeit begeistert von seiner Arbeitsleistung.

Beliebt im Team – und begabt bei der Arbeit

Anfangs war er etwas schüchtern und zurückhaltend. Nach der Pflegeblockwoche – einer Unterrichtswoche zum Thema Pflege im Bildungszentrum vom Zürcher Roten Kreuz – konnte er sein Wissen schon gut einbringen. Dadurch war er viel selbstsicherer und motivierter bei der Arbeit. Marlies Schmid beschreibt Jeshin als hilfsbereit, interessiert, zuverlässig und freundlich. Er sei sehr beliebt im Team und habe eine grosse Begabung im Umgang mit dementen Personen. Sie wollte Jeshin unbedingt im Team behalten. Und so geschah es, dass Jeshin im Sommer 2018 die Lehrstelle im Alterszentrum antreten konnte.

In der Lehre ist er bereits eine wichtige Arbeitskraft und übernimmt beispielsweise am Morgen selbstständig diverse Pflegeaufgaben und nachmittags das Mobilisieren. «Ich bin im richtigen Beruf», ist er überzeugt. Und man glaubt ihm sofort, wenn er erzählt, dass Personen mit einer Demenzerkrankung seine Lieblingspatienten seien und er sofort wisse, was sie benötigen oder mitteilen möchten.

Ist es nicht manchmal bedrückend, weil die Arbeit auch einen traurigen Aspekt hat?

Viele Patienten sind nicht mehr mobil und so manche haben zusätzlich schwerwiegende altersbedingte Beschwerden. «Man macht das Beste draus», meint er professionell. «Viele Menschen hier warten auf den Tod. Wir möchten ihnen die Zeit so angenehm wie möglich machen.» Alte Menschen, die auf den Tod warten, aber durch diesen jungen Menschen eine liebevolle Betreuung erfahren dürfen, und ein junger Mensch, der seine Berufung findet: Manchmal braucht es einfach ein wenig Unterstützung, um etwas Gutes zu ermöglichen.