Interview

Unterstützung während der Lehre

Ausgabe 2 / 2024
Ein Gespräch mit Ester Maranta und Benjamin Heimlicher über die SRK-Lehrbegleitung und darüber, weshalb das Angebot für Jugendliche in der Lehre so wichtig ist.
Mentor unterstützt Jugendliche während der Berufslehre im Angebot Lehrbegleitung SRK.

Wie können Jugendliche unterstützt werden, die Schwierigkeiten in der Lehre haben?

Benjamin Heimlicher: Häufig brauchen Jugendliche einfach jemanden, der neben ihnen sitzt und mit ihnen auf Prüfungen lernt oder ihnen zeigt, wie man eine schriftliche Arbeit strukturiert. Viele der Jugendlichen, die unsere Lehrbegleitung in Anspruch nehmen, haben niemanden in ihrem Umfeld, der ihnen dabei helfen könnte. Bei mir halfen beispielsweise meine Eltern bei den Abschlussprüfungen oder der ersten grossen schriftlichen Arbeit.

Wie ist die Lehrbegleitung entstanden?

Ester Maranta: Die Idee und das Konzept sind vor vier Jahren entstanden, weil uns ehemalige Teilnehmende aus den SRK-Berufsvorbereitungsjahren nach Antritt der Lehre mit der Bitte nach Unterstützung aufsuchten. Vor gut einem Jahr wurden die Aufnahmebedingungen unseres Angebots ausgeweitet, sodass Lernende aus dem ganzen Kanton, aus unterschiedlichen Lehren die Lehrbegleitung in Anspruch nehmen dürfen und nicht nur ehemalige Teilnehmende aus unseren Programmen. Dadurch, dass zahlreiche freiwillige Mentorinnen und Mentoren mitwirken, können wir die Dienstleistung für Lernende kostenlos anbieten.

Wie läuft eine Lehrbegleitung ab?

Benjamin Heimlicher: Nach einem Kennenlerngespräch suchen wir in unserem «Pool» an Freiwilligen jemanden Passendes für ein Mentoring. In einem gemeinsamen Gespräch werden das Ziel und der Inhalt der Lehrbegleitung besprochen. Danach treffen sich Lernende und die freiwillige Person meist wöchentlich an einem öffentlichen und für alle Beteiligten gut zugänglichen Ort.

Wieso gibt es solche Angebote wie die Lehrbegleitung zu wenig?

Ester Maranta: Unterstützung beim Lernen ist aufwendig. Es gibt viele bezahlte Angebote, die sich Lernende mit schmalem Budget aber nicht leisten können. Umso glücklicher sind sie, dass sie bei uns oft rasch kompetente Hilfe erhalten.

Benjamin Heimlicher: Es ist tatsächlich erstaunlich, wie rasch sich die schulische Leistung vieler Jugendlicher verbessert, wenn ihnen nur schon jemand zuhört und ein bis zwei Stunden pro Woche unkompliziert Unterstützung gibt. Das begeistert mich total an diesem Angebot. Die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen macht das Angebot überhaupt erst möglich. Viele andere Angebote haben zu wenig Kapazität, die Jugendlichen wirklich eins zu eins beim Lernen zu begleiten, da sie auf Fachpersonen beschränkt sind. Ester und ich könnten zu zweit niemals ohne Freiwillige so viele Jugendliche begleiten.

Welche Kompetenzen braucht es, um sich freiwillig zu engagieren?

Benjamin Heimlicher: Echtes Interesse an den Jugendlichen, ausreichende Deutschkenntnisse und zwei Stunden Zeit pro Woche genügen eigentlich bereits als Grundvoraussetzungen.

Ester Maranta: Wir freuen uns über jede helfende Hand und sind begeistert von der wertvollen Arbeit, welche die freiwilligen Mitarbeitenden leisten.

Wie viele Lernende werden von freiwilligen Mentorinnen und Mentoren begleitet?

Ester Maranta: Im letzten Jahr – seitdem die Lehrbegleitung allen Lernenden offensteht – waren es über 100 junge Erwachsene, die die Lehrbegleitung in Anspruch nahmen. 45 freiwillige Mentorinnen und Mentoren sind aktuell aktiv und bilden etwa 50 Tandems. Das heisst, dass einzelne Freiwillige mehrere Lernende begleiten. Da eine Lehre in den meisten Fällen drei Jahre dauert, können wir noch keine Zahlen zu den effektiven Abschlüssen nennen. Im Sommer haben aber rund zehn Personen den Berufsabschluss erreicht – alle anderen werden noch begleitet. Dabei fällt auf, dass die Verweildauer der Lernenden im Programm insgesamt eher hoch ist. Die Lernenden geniessen die Begleitung und greifen gerne darauf zurück, auch wenn sich die Schulnoten bereits verbessert haben.

Welches sind die grössten Herausforderungen für die Jugendlichen beim Berufseinstieg?

Benjamin Heimlicher: Viele junge Menschen leiden unter dem Druck in der Ausbildung und bei der Berufswahl. Ich glaube, die Erwartungen an die junge Generation haben in den letzten Jahren eher zu- als abgenommen. Hinzu kommt, dass fast alle, die unser Angebot besuchen, finanziell in sehr angespannten Verhältnissen leben. Und nicht zuletzt ist ja die ganze Gesellschaft in politischen und gesellschaftlichen Fragen stark herausgefordert, was natürlich die jungen Menschen genauso beschäftigt.

Ester Maranta: Oft erschweren auch Lücken in der Schulbildung oder fehlende Sprachkompetenz den Weg zu einem erfolgreichen Abschluss. Nicht selten führen Mehrfachbelastungen zu Krisen und Überlastungssituationen bei den Lernenden, welche wiederum die Ausbildung gefährden. Für uns ist es ein Erfolg, wenn es uns gelingt, eine Person während der Ausbildung zu begleiten, auch wenn es zu einer Repetition, Umorientierung oder Abstufung kommt. Letztlich geht es darum, dass Lernende im Arbeitsprozess bleiben und den Mut nicht verlieren, weiterzumachen – auch wenn es manchmal schwierig ist.

Ich habe die letzten Monate bis zur Abgabe meiner Abschlussarbeit nur dank meiner Mentorin überstanden.
Lernende und Teilnehmende der SRK-Lehrbegleitung
Im Interview
Portrait Ester Maranta, Programmverantwortliche Lehrbegleitung SRK
Ester Maranta

Programmverantwortliche Lehrbegleitung SRK

Portrait Benjamin Heimlicher, Koordinator Lehrbegleitung SRK
Benjamin Heimlicher

Koordinator Lehrbegleitung SRK

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